Nato-Kaserne ist bald Geschichte
RUPPERTSWEILER: Abriss der ehemaligen Militäranlage fast beendet – Interessengemeinschaft „area1“ will Geschichte pflegen
Von Klaus Kadel
Die frühere Nato-Kaserne bei Ruppertsweiler ist beinahe Geschichte. Der Abriss ist fast komplett erledigt. Ein von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) beauftragtes Unternehmen hat alle Gebäude dem Erdboden gleichgemacht, auch das frühere Wachgebäude am Eingang, das der Verein „area1“ als Erinnerung an die Natozeiten gerne erhalten gesehen hätte. Bis zu 700.000 Euro wird der Abriss der Kaserne kosten.
Bis Ende Mai, so hofft Bima-Sprecher Thorsten Grützner, seien die Arbeiten zum Abriss fertig. Die Kosten dafür bezifferte Grützner auf 650.000 bis 700.000 Euro. Die Gebäude werden auf Kosten des Bundes abgerissen. Ob die Nato eventuell eine Pflicht hat, Kosten zu erstatten, werde noch geprüft. Ansonsten erfolge die Abwicklung nach Vereinbarungen zwischen Nato und Bund.Der Abriss wurde unter anderem wegen vorhandener Altlasten so kostspielig. Die beim Bau üblichen Materialien wie Asbestwellplatten und Klebstoffe mit Polyaromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) seien gefunden worden. Die gefährlichen Baustoffe seien den Richtlinien gemäß ausgebaut und entsorgt worden, versicherte der Bima-Sprecher. Vor Ort warnten Hinweisschilder vor dem Betreten des Geländes. Der Zugang war auch mit einer Kette gesichert gewesen, wobei direkt daneben der Zaun von Unbekannten aufgeschnitten wurde.
Das Gelände soll wieder komplett Natur werden, so die Vorstellung von Forstamtsleiter Theodor Ringeisen, in dessen Zuständigkeit die Liegenschaft wieder fällt, wenn die Bima mit den Aufräumarbeiten fertig ist. Der Zaun werde dazu wieder komplett entfernt und die versiegelten Flächen sollten wieder von Beton und Asphalt befreit werden. Wenn das nicht im Zuge des Abrisses passiere, wolle der Forst die Entsiegelung als Ausgleich für Neuversiegelungen anbieten, wie sie beispielsweise für Fundamente von Windrädern nötig sind. Für die dort neu versiegelte Fläche kann dann ein Investor als Ausgleich die entsprechenden Quadratmeter in der Kaserne entsiegeln. Eventuell könne eine kleine Fläche als Lagerplatz für Holz genutzt werden, meint Ringeisen. Das sei aber noch nicht entschieden. Die Kasernenfläche dürfte eine wertvolle Ergänzung zum umliegenden Wald werden. Es haben sich laut Ringeisen schon schöne Heiderasenflächen gebildet.
Die frühere Nato-Kaserne beherbergte bis zu 400 Offiziere und Soldaten der Nato-Luftstreitkräfte. Dort wurde in Friedenszeiten der Luftkrieg über Europa und Nordafrika simuliert – inklusive dem Einsatz von Atomwaffen. Im Ernstfall hätte die Truppe die unterirdischen Bunkeranlagen aus Wehrmachtszeiten am anderen Ortsende von Ruppertsweiler bezogen. Das Nato-Hauptquartier „Airnorth“ zog 2005 auf das Gelände der Airbase bei Ramstein um. Seitdem stand die Kaserne leer und war schnell von Vandalen verwüstet worden.
Im Zuge der Planungen für ein Hochsicherheitsrechenzentrum in den unterirdischen Bunkern des Nato-Hauptquartiers war auch an eine Nutzung der Kaserne für Zulieferbetriebe gedacht worden.
Zur Sache: Interessengemeinschaft „area1“ will Bunker touristisch nutzen
Die Ankündigung der Kreisverwaltung, den früheren Nato-Bunker bei Ruppertsweiler endgültig zubetonieren zu lassen, hat die Interessengemeinschaft „area1“ mobilisiert. In einem Schreiben an Landrat Hans Jörg Duppré schlägt der „area1“-Vorsitzende Jürgen Rubeck eine touristische Nutzung des Relikts aus der Zeit des Kalten Krieges vor. Teilweise sollten auch Führungen im Bunker möglich sein, so Rubeck, der den Nato-Bunker als Teil eines Gesamtkonzepts zusammen mit den Überresten des Fischbacher Depots sieht.
Nach dem erneuten Einbruch von Unbekannten in dem mit einer Stahltür gesicherten Bunker über den früheren Eingang im Fresstal beim Beckenhof will die Kreisverwaltung die endgültige Sicherung des Bauwerks mit einer massiven Betonplombe zügig angehen. Angebote dazu seien schon eingeholt worden (wir berichteten). Alle anderen früheren Eingänge wurden bereits 2005 mit Betonplomben und Erdanschüttungen versiegelt und sind heute kaum noch auffindbar.
„Wir sind der Meinung, dass wir ein solches einmaliges Bauwerk nicht einfach zubetonieren dürfen“, meint jedoch Rubeck, der die mehrere hundert Meter lange Bunkeranlage lieber touristisch genutzt sähe. Wenigstens sollte offen darüber diskutiert werden, fordert Rubeck. Die Interessengemeinschaft „area1“ will die bis zu zehn Meter hohen Stollen nicht für einen Militärtourismus genutzt wissen, sondern bei historisch interessierten Ausflüglern mit der Anlage einen Nutzen generieren. „Keiner der in der Westpfalz gleich mehrfach vorhandenen Westwallstollen ist in einer Art und Weise erweitert und ausgebaut worden wie das Kriegshauptquartier Ruppertsweiler“, so Rubeck. Das darin vorgesehene Nato-Hauptquartier Airnorth sei für die Führung von hunderttausenden Soldaten in einem Nuklearkrieg vorgesehen gewesen. Rubeck will zumindest den Versuch unternommen wissen, die Anlage einer touristischen Nutzung zuzuführen, zumal Ausflugslokale wie der Beckenhof nicht weit entfernt seien und eine Anbindung an die B 10 auch vorhanden sei.
An einem runden Tisch könnten vor einer endgültigen Sicherung der Anlage Ideen gesammelt und diskutiert werden und möglicherweise auch eine externe Expertise hinzugezogen werden. Hierzu könnten auch Fachleute vom Museum des Ahrtalbunkers sowie frühere Soldaten und Mitarbeiter der Ruppertsweilerer Anlage selbst mitarbeiten. „Es wäre ein unverzeihlicher Fehler, dieses Relikt einer bewegenden Epoche ungenutzt zu lassen“, so Rubeck.
Landrat Hans Jörg Duppré signalisierte auf das Schreiben von Rubeck Gesprächsbereitschaft und will sich mit ihm treffen, wie die Pressestelle der Kreisverwaltung auf Nachfrage mitteilte. „Unabhängig vom Ausgang dieses Gesprächs muss der Arius-Bunker zeitnah verkehrssicher verschlossen werden“, fügte Pressesprecherin Ulla Eder noch hinzu. Außerdem sei es nicht allein die Entscheidung der Kreisverwaltung, wie mit dem Bunker zu verfahren sei. Eigentümer sei immerhin der Landesforst.
Dessen Träger, das Mainzer Umweltministerium, verweist darauf, dass „area1“ sich bereits im Interessenbekundungsverfahren der Kreisverwaltung um eine künftige Nutzung der Bunker als Museum beworben habe, teilte die Ministeriumssprecherin Heike Spannagel mit. Und weiter: „Im Hinblick auf die kommunalen Erwartungen an eine sinnvolle und auch wertschöpfende Nutzung der Bunkeranlage wurde eine solche Nutzung als nicht zielführend gewertet.“
Im Klartext: Wegen der Hoffnungen auf eine Nutzung als Hochsicherheitsrechenzentrum oder andere lukrative Projekte war damals die Initiative von „area1“ abgelehnt worden. Diese privatwirtschaftlichen Ideen haben sich jedoch inzwischen alle zerschlagen. (kka)