Zitat von
taupe
Hallo,
in diesem Jahr, 1958, kam es ebenfalls zu einem Zwischenfall. Nicht ganz so spektakulär, wie der von dir geschilderte zwar, aber dafür wirbelte er hinter den Kulissen mächtigst Staub auf, weil die DDR zu diesem Zeitpunkt noch versuchte, den Besatzungsstatus ad acta zu legen und politische Anerkennung als souveräner Staat zu erlangen.
Am 7. Juni des Jahres 1958 befand sich ein amerikanischer Militärhubschrauber mit einer Besatzung von neun Personen auf dem Weg von Frankfurt am Main nach Grafenwöhr. Die Besatzung verlor die Orientierung - so jedenfalls die offizielle Lesart - und mußte über der DDR, bei Zwickau während eines Gewitters landen. Diese Landung war vermutlich eher ein kontrollierter Absturz, bei dem sich der Hubschrauber in Bäumen verfing und beschädigt wurde.
Nunmehr begann das übliche Prozedere. Die amerikanische Militärmission in Potsdam wurde eingeschaltet. Deren Chef Colonel McQail übermittelte General Zakharov ein Schreiben, in dem er um die Rückkehr der Besatzung und des Hubschraubers bat.
Allerdings befand sich die Besatzung nicht mehr in Gewahrsam der sowjetischen Streitkräfte, sondern in den Händen der Exekutivorgane der DDR. Daraufhin ersuchte McQail die Sowjets, vermittelnd zwischen Ihnen und den geeigneten Stellen in der DDR zu wirken.
Zwar wurde ihm ein Leutnant Vturin zugeteilt, der die Amerikaner zu den DDR-Stellen begleiten sollte. Doch wollte dieser an den direkten Verhandlungen nicht teilnehmen.
Es wird also so langsam kompliziert. Inzwischen sind 7 Tage seit dem "Absturz" vergangen. Das erste und alle weiteren Treffen von McQail mit dem stellvertretenden Außenminister der DDR, Otto Winzer, verliefen ergebnislos. Die amerikanische Seite beharrte auf dem Besatzungsstatus und dem Huebner-Malinin-Abkommen. Winzer hingegen beharrte darauf, dass es keinen offiziellen Besatzungsstatus gibt, dass die DDR vollständig souverän sei, ein STATIONIERUNGS-Abkommen mit der UdSSR habe und die amerikanische Militärmission nicht in der DDR akkreditiert sei. Ferner verhandele man nicht mit dem Militär, sondern nur mit amerikanischen Regierungsstellen.
Dies brachte die amerikanische Seite in böse Bedrängnis, denn solche Verhandlungen und gar ein bilaterales Abkommen zwischen DDR und USA über den Austausch der Besatzung wäre einer Anerkennung der DDR gleichgekommen.
Die Angelegenheit zieht sich.
Es folgen Pressekonferenzen von Winzer sowie eine Pressekonferenz mit der Besatzung des Hubschraubers, die allerdings nicht im Sinne von Winzer verläuft, da der Sprecher der Besatzung reklamiert, dass sie politische Geiseln seien, dass sie als Werkzeug mißbraucht würden. Ein amerikanischer Offizier verkündet ausserdem, dass er von zwei DDR-Leuten in zivil zunächst bei den Sowjets abgeliefert worden sei, weil die das Recht des ersten Verhörs hätten, so verhalte sich kein souveräner Staat...
Dies ist wahrscheinlich der Wendepunkt der Geschichte, denn danach ist es durch Vermittlung des Roten Kreuzes möglich, eine Übergabe zu arrangieren. Für Unterkunft, Bedienung, Transportkosten, Verpflegung werden 7334,10 DM an die DDR gezahlt und die Übergabe der Besatzung wird am 19. Juli vorgenommen.
Die UdSSR beharrte während der ganzen Zeit darauf, dass sie sich nicht in Innere Angelegenheiten der DDR einmischen könne und somit nichts für die Besatzung tun könne. Gleichwohl wurden anders herum alle Versuche der DDR mehr Souveränität zu erlangen, z.B. durch die Forderung Exekutivgewalt gegenüber Mitgliedern der Potsdamer Miltiärmissionen zu erhalten, abgeblockt.
Ich hab versucht die Geschichte etwas zu straffen, dabei sind etliche Details auf der Strecke geblieben. Nachzulesen bei
Mußgnug, Dorothee, Alliierte Militärmissionen in Deutschland 1946-1990, S. 123-142