Hallo zusammen,
hier der versprochene Thread über die Abläufe bei Alarmierung und Mobilmachung.
Nemere hatte zwar vorgeschlagen, die relevanten Beiträge aus dem Thread „Alarmstuhl“ auszuschneiden, doch da das anscheinend nicht so einfach ist, würde ich vorschlagen, wir fangen noch einmal ganz von vorne an. Einverstanden? Wie gehen wir das Thema am besten an und wie wollen wir das Ganze gliedern? Auf die Darstellung der zivilen Maßnahmen würde ich gerne der Einfachheit halber verzichten und mich im Wesentlichen auf die Prozesse/Abläufe angefangen in den NATO-Kommandostäben, dann auf Korps-, Divisions-, Brigade- und Bataillonsebene und schließlich einer PzGrenKp der Bundeswehr konzentrieren.
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Zeit: Mitte der 1980er Jahre, Heeresstruktur IV
Gebiet: Norddeutschland: Schleswig-Holstein, Norddeutsche Tiefebene mit Lüneburger Heide bis Anfang Mittelgebirge Harz, etc.
Annahme: konventioneller Krieg
vorausgehender Spannungsfall – Eskalationsphase – Verteidigungsfall (V-Fall) und Eintritt in den Kriegszustand
Mobilmachung in mehreren Stufen: Teilmobilmachung – Generalmobilmachung
Ablösung des BGS durch BW im grenznahen Sektor
Abläufe NATO-Kommandostäbe
SACEUR löst für Europa NATO-Alarm aus
Freigabe des GDP (General Defense Plan), ggf. EDP (Emergency Defense Plan) je nach Vorwarnzeit und Lage an
- CINCNORTH (Oberbefehlshaber Allied Forces Northern Europe)
- CINCENT (Oberbefehlshaber Allied Forces Central Europe)
- CINCSOUTH (Oberbefehlshaber Allied Forces South Europe
- Alarmierung der Luftstreitkräfte: Alarmbereitschaft an alle Abfangjägerrotten, scharfer Einsatzbefehl, bei Verletzung des Luftraumes nicht mehr durch Abdrängen feindlicher Jagdflugzeuge zu reagieren, sondern gezielten Feuerkampf aufzunehmen
- Alarmierung der Luftverteidigung: Tieffliegermelde- und Leitdienste (TMLD), Aktivierung der Flugabwehrbatterien, seinerzeit HAWK und Nike
Weitere Maßnahmen:
- Befehl zur REFORGER-Verlegung (Return of Forces to Germany): Verlegung von kanadischen und US-Streitkräften mittels Geleitzügen über den Nordatlantik. Anlandung in Häfen der BRD (z.B. Wilhelmshafen), Übernahme von Ausrüstung und Gerät aus POMCUS-Depots (Prepositioning Of Materiel Configured in Unit Sets), Verlegung in den GDP-Raum, angenommene Zeit für die Durchführung: 2-3 Wochen (??)
- Verlegung des UKMF (UK Mobile Force): Verstärkung z.B. für LANDJUT
Abläufe Korps – PzGrenDiv – PzGrenBrig – PzGrenBtl
Korpsbefehl an Division/en, dass GDP XXX in Kraft tritt
Divisionsbefehl an Brigaden, Verteidigungsstreifen einzunehmen
Brigadebefehl an Bataillone je nach Unterstellung/Abstellung von Pz- und PzGrenBtl Verteidigung entlang des VRV aufzubauen
Hier fehlt mir die Kenntnis, wie die Befehlsketten für den V-Fall vom Korps bis runter zu den Btls aussahen.
LANDJUT: 6. Panzergrenadierdivision richtet sich am ELK als VRV zur Verteidigung ein. Östlich des ELK ein Verzögerungsverband (ob das tatsächlich so stimmt, kann ich nicht sagen, da mir dazu die Quellen fehlen, nehmen wir mal an, es sollte das PzAufklBtl 6 – quasi als verstärktes PzBtl und Tle PzGrenBtl 163 sein, aber welche Aufgaben sie dann tatsächlich im Gebiet der Lauenburger Seenplatte hatten, entzieht sich meiner Kenntnis. Möglicherweise gab es den Plan, durchgebrochene Panzerregimenter zwischen den Seen an einem weiteren Vordringen für eine bestimmte Zeit aufzuhalten), HSchBrig 51 verbleibt im Raum Lütjenburg – Lensahn in Ostholstein zur Abwehr gegen seegelandeten Feind. Jütland-Division (DK) verlegt nach Mittelholstein an den NOK zur Abwehr gegen luftgelandeten Feind.
6. Panzergrenadierdivision:
- PzGrenBrig 16 ELK – Südabschnitt Berkenthin - Lauenburg
- PzGrenBrig 17 ELK – Nordabschnitt Lübeck – Berkenthin
- PzBrig 18 – als Divisionsreserve für Gegenangriff bereithalten
Mögliche Angriffsachsen/Durchbruchsstellen des WAPA: südlich von Lübeck bei Groß Grönau und an der B-24 Hamburg – Berlin zwischen Güster und Grambek. Einbrüche zwischen Boizenburg u. Lauenburg ebenfalls denkbar.
Okay, vielleicht auch Quatsch, da ich mich über die Operationsplanung nicht weiter auslassen kann, da der GDP der 6. Panzergrenadierdivision der Öffentlichkeit noch nicht zugänglich gemacht wurde.
NORTHAG: Korpsabschnitt Elbe – etwa Hann. Münden. Multinationale „Schichtkuchenverteidigung“ durch 1. NL-Korps, I. DE-Korps, 1. BR-Korps (UK) und 1. BE-Korps. Natürliches Hindernis des ESK als Aufmarschlinie (auch VRV?) der Verteidiger.
I. DE-Korps: zwei Divisionen am VRV: 3. Panzerdivision Buxtehude im Nordabschnitt und 1. Panzerdivision Hannover-Bothfeld im Süden. 11. Panzergrenadierdivision als Ablösung/Korpsreserve. 3. Panzerdivision deckt den Aufmarsch der beiden niederländischen Divisionen 4. (4e Divisie) und 1. Div (1e Divisie), die zunächst aus Holland in den GDP-Raum verlegt werden müssen. Verschiebungen im Sektor I. DE-Korps: 11. PzGrenDiv verteidigt den Nordabschnitt und die 1. PzDiv den Südabschnitt. Nach Eintreffen der holländischen Streitkräfte im GDP, hätte die 3. PzDiv die Korpsreserve gebildet.
Quelle: http://www.relikte.com/nds_heer/index.htm
Abläufe PzGrenBtl – PzGrenKp (wie bereits von Südbaden sehr detailliert geschildert)
NATO-Alarm: S3 Btl alarmiert UvD. Der wiederum ZgFhr vD. Alarmierung gemäß Alarmkalender: KpChef, KpTrpFhr u. KpFw. ZgFhr vD alarmiert Kp: Kampfausrüstung anlegen, Waffenempfang, Empfang spezieller Ausrüstungsgegenstände für den Ernstfall, wie z.B. Atropin-Selbstinjektor, „gefechtsmäßiges“ Antreten. Gefechtsfahrzeuge werden marschfertig gemacht (mich würde interessieren, was das im Einzelnen für den SPz Marder bedeutete: Ölstand, Tankfüllung prüfen? Vielleicht könnte einer der ehemaligen MKF etwas dazu sagen? Das gleiche gilt für den RS: - Waffenträgergehäuse aufklappen, Kurzcheck und Kdt – Optiken, Fernsprechanlage überprüfen? Vermutlich hatten MKF u. RS allein dafür Sorge zu tragen. Keine Ahnung. Ich frage deswegen so platt, weil ich im Schützentrupp war und mich mit TD absolut nicht auskenne). SPz werden aus dem Hangar herausgefahren, verbleiben aber bis zum Aufsitzen der Schützentrupps noch im T-Bereich.
Ansprache des KpChef zur allgemeinen Lage, dem Auftrag des Bataillons und der Kompanie
"Aufgrund von politischen Spannungen...in den frühen Morgenstunden hat der Warschauer Pakt mit...PzGrenBrig XY hat den Befehl erhalten..."
„Teileinheitsführer übernehmen!“
Die Aufgaben der ZgFhr und der drei Züge zumindest im Felde sind relativ klar, handeln relativ autark (bei Truppen wie den PzAufkl noch sehr viel stärker als bei Pz/PzGren) – oft werden PzGrenZüge aus der Kompanie herausgelöst und z.B. einer PzKp unterstellt und dergleichen aber welche Aufgaben hatten KpChef, KpFü und KpTrp während eines NATO-Alarms?
Befehl zum Ausrücken u. Marsch i.d. Verfügungsbereich, von dort aus nach bestimmter Marschordnung in den GDP-Raum zum Einrichten i. d. Verteidigungsstellungen.
Was dort in den GDP-Räumen unter dem Aspekt eines tatsächlichen Kriegseinsatzes passieren sollte, ist natürlich hochinteressant, geht aber über das Thema Alarmierung und Mobilmachung weit hinaus, off topic. Was mich persönlich sehr interessiert, ist das Anlegen von Feldstellungen/-befestigungen durch die Erdarbeitsgeräte der Pioniere. In welchem Umfang wäre das für die einzelnen Kompanien überhaupt möglich und sinnvoll in einem modernen Bewegungskrieg aber gut, das ist wieder ein Thema für sich.
PS: Hoffentlich habe ich nicht wieder viel zu viel Blödsinn geschrieben, zumindest wollte ich die Abläufe einmal nachvollziehbar darstellen.
Gruss,