Wir sind bei dem Thema „Kampfstärke PzGrenKp“ kurz auf den Falklandkrieg 1982 zu sprechen gekommen. Ich möchte diesen Aspekt hier in einem eigenen Thema etwas vertiefen.
Es gab bereits 1983 eine erste Auswertung der Erfahrungen des Falklandkriegs durch das Heeresamt, die ich im Anhang beifüge. Die darin angesprochenen Anlagen habe ich leider nicht aufgehoben.
Die argentinischen Truppen auf den Falklands bestanden vor allem aus Wehrpflichtigen, die teilweise noch nicht einmal sechs Monate Soldat waren. Die Briten setzten dagegen nur längerdienende Soldaten der Marineinfanterie und der Fallschirmjäger ein. Deshalb konnten die Briten die teilweise drei- bis vierfach überlegenen Argentinier immer wieder schlagen, weil diese in vielen Fällen nicht einmal die elementarsten Grundzüge des Gefechts beherrschten und mit ihren Waffen und der Ausrüstung nicht klar kamen.
Aus diesen auf den Falklands gewonnenen Erkenntnissen entstand dann bei der Bundeswehr ein Trend zur „kriegsnahen“ Ausbildung. So hat man z.B. übertriebene Sicherheitsbestimmungen aufgehoben. Auf einmal durften wieder Ausbildungen durchgeführt werden, die jahrelang verboten waren, wie z.B. das Werfen von Brandflaschen, das Überrollen durch Panzer im selbstgegrabenen Kampfstand oder das Handgranatenwurfhaus.
Gebremst wurde das Ganze dann wieder durch die Verkürzung der Wehrdienstdauer und die Einführung des Dienstzeiterlasses. Damit wurde die zur Verfügung stehende Ausbildungszeit, die sowieso zu kurz war, nochmals empfindlich beschnitten, so dass im Endeffekt keine wesentliche Verbesserung Einsatzfähigkeit erzielt wurde.
Auch die geforderte Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit konnte in der Bundeswehr wegen der fehlenden Ausbildungszeit nicht in genügendem Maß erreicht werden.
Wenn wir auf S. 8 der Auswertung lesen: „… musste das Fallschirmjägerbataillon 2 durch schwerstes Gelände und bei widrigen Witterungsbedingungen … ca. 40 km zu Fuß zurücklegen. Dieser Marsch erfolgte in zwei Nächten, weil aufgrund der Luftüberlegenheit nur bei Nacht marschiert werden konnte. Die Marschleistung ist um so höher zu bewerten, weil jeder britische Soldat durchschnittlich 40-50 kg Gepäck, Gerät und Munition mitführen musste. Unmittelbar nach Abschluß des Marsches traten die Fallschirmjäger zu infanteristischen Angriff .... an.“
so hätten wir bei der Bundeswehr solche Leistungen eventuell bei dem einen oder anderem Fallschirmjäger- oder Gebirgsjägerbataillon erwarten können, nicht aber beim normalen PzGrenBtl und schon gar nicht bei den Jägerbataillonen des TerrH.
Eben auf Grund der Erkenntnisse von Falkland ließ 1987 der Kommandeur der Infanterieschule, Oberst Fuhr, das ihm unterstellte PzGrenLehrBtl 353 eine Kompanie-Gefechtsübung durchführen, die ähnlich angelegt war.
Ort der Handlung war in Unterfranken die Landzunge zwischen Karlstadt, Gemünden und Lohr, die im Osten, Norden und Westen vom Main umflossen ist.
Angriff der Panzergrenadiere aufgesessen aus Osten bis zum Mainufer bei Gambach abends gegen 21:00 Uhr. Dort unter dem Feuerschutz der SPz Gewässerübergang mit Sturmbooten. Da keine Fähren verfügbar waren, konnten die SPz nicht nachgeführt werden und der weitere Angriff bzw. die Verfolgung des ausweichenden Gegners musste zu Fuß erfolgen. Zielpunkt war Neustadt am Main, Entfernung Luftlinie etwa 13 km. Das Gelände ist recht stark durchschnitten und ziemlich bewaldet, es wurde natürlich abseits der Straßen marschiert. Mitgeführt wurden neben den persönlichen Waffen natürlich MG mit voller Munitionsausstattung, Panzerfäuste, MILAN mit Flugkörpern, Feldlafette usw.
Wir mussten als Feldjäger bei diesem Schauspiel die querverlaufenden Straßen sperren, um den Zivilverkehr zu stoppen. Dazu mussten wir immer mit der vormarschierenden Truppe in Verbindung bleiben, weil es natürlich keine festgelegten Zeiten für die Straßenquerungen gab. Dadurch habe ich unmittelbar mitbekommen, wie sich die Truppe vorwärts gequält hat.
In Neustadt kam in den frühen Morgenstunden eine vollkommen erschöpfte Truppe an, die laut der Lage eigentlich nochmals über den Main hinweg hätte angreifen sollen, was man dann aber unterlassen hat. Auch der Kompaniechef und die Zugführer waren ziemlich am Ende und kaum mehr in der Lage, als Vorbild zu führen. Der Kompaniechef musste sich angeblich später von Oberst Fuhr einige böse Bemerkungen dazu anhören. Es hatte sich auch gezeigt, dass die Truppe kaum Erfahrung im Nachtkampf in unbekanntem Gelände hatte.
Wenn dann in der Auswertung auf S. 14 oben steht:
“In der Führerweiterbildung sollte auch in den Besonderheiten des Nachtgefechts ausgebildet werden“ dann frage ich mich schon, was diese weichgespülte Formulierung bringt. „Sollte ausgebildet“ werden! Hier müsste doch ganz klar stehen: „MUSS ausgebildet werden!“
Oder im nächsten Satz: „Können durch häufige Gefechts- und Schießausbildung bei Nacht…“
Gerade die Nachtausbildung fiel doch der immer mehr gekürzten Ausbildungszeit zum Opfer, spätestens als es den Dienstzeiterlass gab.
Wahrscheinlich hätte sich ein großer Teil der Bundeswehrsoldaten ähnlich verhalten wie es auf S. 12 für die Argentinier geschildert ist. Dinge, wie z.B. Panzernahbekämpfung bei Nacht, Verhalten an einem ABCAbwehrpunkt bei Nacht oder das Sickern bei Nacht wurden doch kaum mehr geübt. Oder die kleinen Tricks, wie z.B. beim G 3 das Einfärben des Kornschutzes und der Oberseite des Gehäuses mit weißer Kreide als Behelfsvisier.
Man darf aber nicht in den Fehler verfallen, den Falklandkrieg als Muster für einen Krieg in Mitteleuropa zu sehen. Auf den Falklands hatten wir einen sehr begrenzten Konflikt, vor allem zwischen leichter Infanterie – also nicht zu vergleichen mit der Gefechtsführung vollmechanisierter Kräfte, wie wir sie in Europa zu erwarten hatten. Die Erfahrungen auf den Falklands haben vor allem in ihren Wert im Hinblick auf den Einsatz kleiner Kampfgemeinschaften und abgesessener Infanterie.
Auch der ideologische Hintergrund war ein anderer. Argentinien und Großbritannien waren beide von kapitalistischen Wirtschaftsformen geprägt, beide Staaten hatten damals erhebliche innere Probleme und beiden kam dieser Konflikt recht, um von diesen Schwierigkeiten abzulenken.
Insofern ist der Falklandkrieg kein Stellvertreterkrieg, aber ich habe keine bessere Rubrik gefunden, um das Thema unterzubringen.