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Thema: Graspisten

  1. #11
    Cold Warrior Avatar von Nemere
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    Zitat Zitat von Dragoner Beitrag anzeigen
    Nach erster Lektüre hinterlässt es bei mir den Eindruck, die Planungen des Westens hätten sehr viel Phantasie beinhaltet, aber wenig mit der Realität zu tun gehabt. Alles, was "unangenehm" war, scheint einfach ausgeblendet worden zu sein.
    Dabei befasst sich das Buch weitgehend nur mit dem Feldheer, nicht aber mit den Problemen, die weiter hinten in der RCZ aufgetreten wären. Das waren die Themen, die bei den WINTEX / CIMEX-Stabsrahmenübungen immer angerissen, aber nie zu Ende gedacht wurden. Leider gibt es dazu bisher kaum Literatur, ich habe auch in den Bestände-Übersichten des BA-MA bisher nur wenig entdeckt.

    Zu nennen wären hier:
    - der ungenügende zivile Bevölkerungsschutz
    - die völlig vernachlässigte Problematik der Bevölkerungsbewegungen
    - das Verhalten nichtdeutscher Staatsangehöriger in der Bundesrepublik. Was wäre z.B. geschehen, wenn Österreich, da neutral, seine Grenzen geschlossen hätte und z.B. türkische Staatsbürger nicht aus Deutschland hätten ausreisen können.
    - die total ausgeklammerte Thematik der Wehrgerichtsbarkeit und des militärischen Strafvollzugs im V-Fall
    - die Frage, wie man mit Fahnenflucht im V-Fall umgeht und welche Ausmaße das annimmt
    - das Durchsetzen der materiellen Mob-ergänzung oder allgemein des Bundesleistungsgesetzes, wenn diese Leistungen verweigert werden.
    - die Kriegsgefangenenorganisation rückwärts des Korps.
    usw.

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  3. #12
    Cold Warrior Avatar von Nemere
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    Zitat Zitat von Dragoner Beitrag anzeigen
    Die Vorliebe der Bundeswehr für die 20mm-Flak ist mir ein Rätsel.
    Ich habe noch ein paar Informationen zur Einführung der 20 mm Flak gefunden.
    Die Rohrartillerie zur Flugabwehr bei der Luftwaffe hat eine Vorgeschichte. Die Luftwaffe hatte ab 1956 Flugabwehrartilleriebataillone mit der Flak 40 mm L70 aufgestellt. Diese Waffen gingen nach Einführung der HAWK an das Heer (zunächst als 5. Batterie der DivFlaBtl, später dann als Korps-Fla-Btl). Andererseits hatte das Heer auf Korpsebene zwei Flak-Bataillone mit der 75 mm Flak-Kanone SKYSWEEPER aufgestellt, bei der jedes Geschütz ein eigenes Radargerät hatte (FlaBtl 180 und 280). Diese Bataillone gingen um 1959 zur Luftwaffe und wurden bald in FlaRakBtl umgewandelt.

    Schon Anfang der 1960er Jahre kam die Sorge auf, das die beiden FlaRakGürtel NIKE und HAWK nicht ausreichen würden. Man fürchtete, Tiefflieger könnten in breiter Front, aber in kleinen Verbänden und in rasch aufeinanderfolgenden Wellen angreifen, so dass die HAWK-Batterien schnell an ihre Grenzen kommen würden. SHAPE berechnete, dass mindestens 100 HAWK-Batterien frontnah einsatzbereit sein müssten. Folgerichtig standen für den Einsatz in anderen Regionen (Flugplätze, Versorgungseinrichtungen, Rheinbrücken!) keine HAWK mehr zur Verfügung.
    Die Luftwaffe sah im Gegensatz zu SHAPE in der leichten Maschinenkanone noch immer ein brauchbare Abwehr gegen Tiefflieger und konnte sich hier durch amerikanische Erfahrungen aus Vietnam bestätigt sehen. Das Kaliber von 20 bis 35 mm sollte nicht überschritten werden, um unerwünschte Vergrößerungen der Abmessungen und des Gewichts für Waffe, Lafette und Munition und die Verringerung der Kadenz zu vermeiden.

    Die Beschaffung der 20 mm Feldkanone war auch so ein langwieriges Trauerspiel der Rüstungsgüterbeschaffung. Viele Heeres-StAN aus 1956 sahen schon Feldkanonen vor, z.B. sogar in den Sicherungsgruppen der Stäbe oder auch bei den Inst-Einheiten zum Schutz der Inst-Einrichtungen. Beschafft wurden einige Kanonen der Firma Hispano-Suiza aus der Schweiz (HS 820), die es in Einzelstücken anscheinend auch beim BGS gab (auf Lafette oder eingebaut im Sonderwagen M 8). Diese Waffen scheinen aber weder beim BGS noch bei der Bundeswehr überzeugt zu haben, es wurden keine weiteren Waffen dieser Bauart geordert, und so dauerte es dann bis 1972 bis die Feldkanone in Einzel- und Zwillingslafette beschafft wurde. 1956 hatte man sich auch mit Gedanken getragen, das MG 151/20 der Wehrmacht (ebenfalls Kaliber 20 mm) als Maschinenkanone zu reaktivieren, anscheinend sah sich die Firma Mauser als Konstrukteur dieser Waffe dazu nicht in der Lage.

    Quelle:
    Lemke, Bernd / Krüger, Dieter / Rebhan, Heinz / Schmidt, Wolfgang: Die Luftwaffe 1950 bis 1970. Konzeption, Aufbau, Integration (Sicherheitspolitik und Streitkräfte der Bundesrepublik, 2), München 2006, S, 259 – 260, 549 - 551.
    Hier ist als weitere Literatur zu dieser Thematik angegeben:
    Nemitz, Eckart: Objektschutz durch Rohrwaffen und leichte FlaRak-Waffensysteme, In: Jahrbuch der Luftwaffe 7 (1970), S. 215-217.
    Stecken,Albert: Luftverteidgung, Jahrbuch der Luftwaffe 1 (1964), S. 41-49.
    Sommerfeldt, Wolfdieter: 1945-1966: Luftverteidigung des Abschnitts Europa-Mitte, In: Truppenpraxis (1966), S. 682 – 685.
    Warnheim,Werner: Luftverteidigung heute. Kritische Gedanken zur Fliegerabwehr. In: Wehr und Wirtschaft 8 (1964), S. 572-576.

  4. Folgender Benutzer sagt Danke zu Nemere für den nützlichen Beitrag:

    Dragoner (20.05.2021)

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  6. #13
    Cold Warrior
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    Eigentlich auf der Suche nach ganz anderen Informationen, bin ich inzwischen alleine in Ungarn auf 8 weitere Graspisten gestoßen, die regelmäßig von den ungarischen und sowjetischen Luftstreitkräften genutzt wurden. Die Flächen sind noch relativ gut zu erkennen. Neben dem hier eingangs erwähnten Kenyeri sind dies:

    Berettyoujfalu https://www.google.at/maps/@47.23990...!3m1!1e3?hl=de
    Földes https://www.google.at/maps/@47.28964...!3m1!1e3?hl=de
    Györ-Per, wo die Starbahn erst 2003 asphaltiert wurde https://www.google.com/maps/@47.6275.../data=!3m1!1e3
    Balatonkiliti https://www.google.com/maps/@46.8571.../data=!3m1!1e3
    Oroshaza https://www.google.com/maps/@46.5347.../data=!3m1!1e3
    Pusztavacs https://www.google.com/maps/@47.1536.../data=!3m1!1e3
    Tapioszentmarton https://www.google.com/maps/@47.3109.../data=!3m1!1e3
    Tapolca https://www.google.com/maps/@46.8641.../data=!3m1!1e3

    Nur zwei Reservebasen hatten asphaltierte bzw. betonierte Startbahnen:
    Mezökövesd (mit 3500 Metern auffällig lange) https://www.google.com/maps/@47.8163.../data=!3m1!1e3
    Csakvar https://www.google.com/maps/@47.3532.../data=!3m1!1e3

    Umso bemerkenswerter: bei zumindest 9 Graspisten gab es mit Debrecen, Kalocsa, Kecskemet, Kiskunlachaza, Kunmadaras, Papa, Sarmellek, Szentkiralyszabadja, Szolnok, Taszar und Tököl nur 11 Luftwaffenstützpunkte mit fester Startbahn. Darüber hinaus hatten Hubschrauberstützpunkte wie Esztergom oder Börgönd ebenfalls nur Grasflächen.

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