In den ersten Tagen als Soldat in den „neuen Bundesländern“ Ende 1990 / Anfang 1991 stellten wir fest, dass in den NVA-Kasernen auf vielen Türen, Stahlschränken oder auch Geldkassetten o.ä. merkwürdige Metallnäpfe, gefüllt mit Knetmasse und einer durch zwei Löcher gezogenen Schnur angeschraubt waren. Manchmal waren auch nur Kronkorken angebracht. Auch an Waffenschränken oder Munitionsbehältern fanden sich diese Dinge.
Die noch im Dienst verbliebenen Ex-NVA-Soldaten erklärten uns dann, dass diese merkwürdigen Vorrichtungen zum „Petschieren“ dienten.
Die Schnur wurde abends nach Verschließen der Türe in die Knetmasse gelegt, die Knetmasse glattgestrichen und darauf das persönliche, durchnummerierte Petschaft des Dienstzimmerverantwortlichen eingedrückt. Petschaft ist ein anderer Ausdruck für Siegel, die Türen usw. wurden also ohne Verwendung von Siegellack faktisch versiegelt. Wenn die Schnur beim Öffnen der Tür aus der Knetmasse gezogen wurde, wurde der Siegelabdruck zerstört und so dass Öffnen erkennbar.
Die verwendeten Schlösser, gerade bei den Türen, waren dagegen oft recht einfach und primitiv, oft nur Buntbartschlösser mit geringem Widerstandswert, allenfalls noch gesichert mit einer zuzätzlich einsetzbaren Schlüssellochsperre.
Dieses Petschieren wurden nicht nur bei der NVA, sondern natürlich auch bei den anderen „bewaffneten Organen“, der Reichsbahn, vielen anderen Behörden und zahlreichen Volkseigenen Betrieben angewandt.