Gestern bin ich in einem Buch auf folgenden Hinweis zu der 1907/1908 erbauten Bahnstrecke Bamberg – Scheßlitz in Oberfranken gestoßen:
„Für den Kriegsfall stattete man den Oberbau an sechs Stellen sogar mit „Objekten für Zerstörungen“ aus.“
(Bleiweis, Martin /Winkler: Fränkische Nebenbahnen einst und jetzt, Band 1: Oberfranken, Egglham 1985, S. 159)
Wahrscheinlich waren hier die Brücken zum Sprengen vorbereitet, die Strecke hatte damals 3 Blechbalkenträgerbrücken, eine gewölbte Steinbrücke und 4 Brücken aus Walzeisenträgern. Da es 1908 noch keine Schneidladungen gab, hat man möglicherweise Befestigungen für Sprengladungen oder Ladungsgalerien vorgesehen. Anscheinend hat man aus den Erfahrungen des Krieges 1866 gelernt. In Nordbayern sollten damals angesichts der schnell vorrückenden Preußen einige Eisenbahnbrücken gesprengt werden, z.B. die Saalebrücke in Unterkotzau nördlich von Hof. Da diese Brücke in keiner Weise zum Sprengen vorbereitet war, unterblieb die Zerstörung
Nun war es nicht so, dass man 1908 Angst vor einem Angriff der an der bayerischen Nordgrenze liegenden thüringischen Zwergstaaten hatte und deswegen die neugebaute Eisenbahnstrecke zur Zerstörung herrichten wollte. Diese „vorbereiteten Sperranlagen“ dienten vielmehr der Ausbildung der bayerischen Armee.
In der Nähe der Eisenbahn Bamberg – Scheßlitz lagen zwei Kavallerieregimenter: Das 1. Ulanen-Regiment in Bamberg und das 6. Chevauleger-Regiment in Bayreuth. Die bayerische Kavallerie wäre damals im Kriegsfall zu einer Kavalleriedivision zusammengefasst worden und hätte in etwa die Aufgaben der Panzeraufklärer in den Zeiten des Kalten Krieges wahrgenommen, vergleichbar z.B. mit den amerikanischen ACR: Aufklärung, Einsatz als Verzögerungsverband, Schutz offener Flanken, Verschleiern von Lücken, Verfolgen ausweichenden Feindes der Infanterie voraus usw.
Dazu erhielt die Kavallerie eine intensive Pionierausbildung, z.B. in der Zerstörung von Brücken, Eisenbahn- und Telegrafenlinien und hatte auch eine entsprechende Ausstattung mit Sprengmitteln. Da die Strecke Bamberg – Scheßlitz nie sehr stark befahren war, konnten die beiden genannten Kavallerieregimenter hier ohne besondere Probleme ausgebildet werden.