Tödliche „Grüße“ vom Ebenberg
LANDAU: Die ehemalige Nato-Raketenbasis auf dem Ebenberg soll zurückgebaut werden – Dagegen regt sich Widerstand
Von Andreas Schlick
Der Kalte Krieg war ganz nah: Auf dem Ebenberg installierten die Amerikaner in den 60er Jahren ein Raketensystem, um Angriffe der Warschauer-Pakt-Staaten abzuwehren. Nun soll das Gelände als Ausgleichsfläche für das neue Militärkrankenhaus der US-Armee in Landstuhl dienen, die Gebäude zurückgebaut werden. Doch dagegen will sich der Verein zur Erhaltung der Westwall-Anlagen (Vewa) wehren.Wuchernde Sträucher winden sich um ein verwittertes Metallschild. Nur schwerlich sind die ausgebleichten Lettern darauf zu lesen: „Der Zutritt ist unbefugten Personen streng verboten.“ Wenige Meter weiter erhebt sich ein grüner Zaun, an dessen oberen Ende Stacheldraht befestigt ist. Er markiert die militärische Sperrzone. Bis Mitte der 90er Jahre war hier tödliches Material gelagert: Raketen vom Typ Nike und später die Nachfolger der Bauart Patriot, mit denen derzeit Bundeswehrsoldaten die türkische Grenze vor syrischem Raketenbeschuss schützen wollen.„Es ist nicht genau bewiesen, da die Akten noch unter Verschluss sind, aber wir vermuten, dass hier auch Atomsprengköpfe gelagert wurden“, sagt Sebastian Hoock, der sich seit langem mit dem Thema Kalter Krieg beschäftigt und am Samstag seine Wanderschuhe schnürte, um das ehemalige Gelände der Nato, dem westlichen Verteidigungsbündnis, auf dem Ebenberg zu besichtigen.
Aber auch am Samstag galt: Betreten des Geländes verboten! „Die DBU (Deutsche Bundesstiftung Umwelt), der das Grundstück gehört, hat uns den Zutritt verweigert. Zum einen sei es zu gefährlich und zum anderen würde es der Umwelt schaden. Aber ich weiß, dass hier zeitweise ein Schäfer mit seinen Tieren ist, der hat es auch überlebt“, bemerkt Klaus Backes, der Vorsitzende des Vewa. Aber das Gelände ist auch von außen gut einsehbar. Eine große Lagerhalle, einige Schießstände und zwei Bunker sind zu sehen.
Alles wirkt eher unscheinbar und ungefährlich. Doch die Soldaten waren in der Lage, das Raketensystem innerhalb von 20 Minuten zu aktivieren und tödliche „Grüße“ in Richtung Osten zu schicken. „Zwölf Raketen waren ständig in Bereitschaft und in der Endstufe fähig, sie mit Atomsprengköpfen zu bestücken. Was mich am meisten schockiert hat, war, dass es Planspiele gab, die zeigen, dass man mit den Raketen, die eine Reichweite von 180 Kilometern hatten, auf die innerdeutsche Grenze geschossen hätte“, sagt Alexander Stein aus Speyer. „Wir hätten unsere eigenen Landsleute getötet“, schiebt er nach.
Aber was tun mit dieser Anlage? „Wir sollten nicht den gleichen Fehler machen wie nach dem Zweiten Weltkrieg und die Geschichte irgendwie verheimlichen. In der Zeit des Kalten Krieges standen wir kurz vor einem atomaren Abgrund“, sagt Walter Stutterich vom Bund Umwelt und Naturschutz (BUND) aus Pirmasens. Und Backes ergänzt, dass er wegen der baulichen Anlagen die Denkmalschutzbehörden kontaktiert, aber bis jetzt keine Antwort bekommen habe. „Deswegen gehen wir jetzt an die Öffentlichkeit. Es macht einfach keinen Sinn, das Gelände zurückzubauen. Die Geschichte würde verschwinden“, sagt er.
Info: Weitere Infos im Netz auf
www.vewa-ev.de oder auf
www.ig-area-one.de
Quelle:
Verlag: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Pirmasenser Rundschau
Ausgabe: Nr.66
Datum: Dienstag, den 19. März 2013
Seite: Nr.24