Fremdenlegion Bundeswehr?

Einklappen
X
 
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • Stefan Steu
    Cold Warrior
    • 03.05.2023
    • 111

    #1

    Fremdenlegion Bundeswehr?

    Was haltet ihr von Verteidigungsminister Pistorius (SPD), der will die Bundeswehr auch für Leute ohne deutschen Paß öffnen. Er sagt aber auch: "Die Ukraine hat mit der Anwerbung von Ausländern keine besonders guten Erfahrungen gemacht und wirbt diese auch nicht mehr an". Viele hätten den Dienst schnell wieder quittiert.

    Weiter sagt er: "Wir wären nicht die ersten Streitkräfte in Europa, die das tun würden". Dabei bezieht er sich ausdrücklich auf Menschen, die schon länger in Deutschland leben, aber noch keinen deutschen Pass besitzen.

    Bereits in den 2010er Jahren hatte es Überlegungen gegeben, die Bundeswehr für EU-Bürger zu öffnen, sagt etwa Militär-Experte Gustav Gressel. Damals habe Polen und andere Hintermänner aber darum gebeten, dies nicht zu tun. Der östliche Nachbar habe befürchtet, die Bündnispartner würden sich gegenseitig die Rekruten streitig machen. Angesichts der Probleme hierzulande kein allzu abwegiger Gedanke.

    Die Bundeswehr hat derzeit rund 180.000 Angehörige, bis 2032 sollen es aktuellen Planungen nach 203.000 sein. Aber auch das ist umstritten. Viele Wähler haben Befürchtungen und vermuten, daß der 3.Weltkrieg geplant wird. Ob die Regierung dem Volk die Wahrheit sagt?

    Bundeswehr für Ausländer? (wiwo.de)
  • Nemere
    Cold Warrior
    • 12.06.2008
    • 2802

    #2
    Herr Pistorius sollte sich erst Mal gründlich Gedanken, über die Rahmenbedingungen für die Verwirklichung seines geistigen Schnellschusses machen.

    1. Es werden staatsrechtlich gesehen Ausländer, also nicht deutsche Staatsangehörige als Soldaten eingesetzt. Damit wird der Staat nicht mehr von seinen Staatsbürgern verteidigt, wie dies bisher so hoch gehandelt wurde.

    2. Sollen diese Ausländer in bereits bestehenden Verbänden eingesetzt werden?

    3. Oder will man eigene, nur Ausländern bestehende Verbände bilden? Dann sind wir im Handumdrehen bei den „ausländischen Freiwilligenverbänden“ von Wehrmacht und Waffen-SS unseligen Angedenkens, wo man Russen, Turkmenen, Kroaten, Inder, Kalmücken, Georgier, Araber, Spanier, Franzosen und alle möglichen anderen Volksstämme in eigenen Truppenteilen als Kanonenfutter einspannte.

    4. Wie ist die Befehlsregelung in solchen Verbänden geregelt? Kommen die Offiziere von der „normalen“ Bundeswehr?

    5. Das Problem des fehlenden Materials in der Bundeswehr wird durch solche unbedachten Äußerungen nicht im Geringsten geregelt.

    6. Was für Leute wären überhaupt bereit, sich zu einem Dienst zu verpflichten? Es kommen dann garantiert NICHT die technischen Spezialisten, die man so dringend brauchte. Es kommen mit Sicherheit NICHT die Soldaten, die dem Leitbild der „Soldaten in Uniform“ entsprechen, sondern häufig eher geistig Minderbemittelte oder Leute mit obskuren Vorleben. Das zeigt sich bereits heute am Freiwilligenaufkommen der Bundeswehr.
    In der französischen Fremdenlegion werden solche Typen dann sehr schnell durch eine extreme Disziplin und harte Ausbildung zurechtgebogen – oder sie verschwinden binnen weniger Wochen wieder. Bei uns stände einem solchen Vorgehen bereits die Wehrbeschwerdeordnung und die Wehrbeauftragte im Wege.

    Und so gäbe es noch zahlreiche weitere offene Fragen.

    Kommentar

    • Stefan Steu
      Cold Warrior
      • 03.05.2023
      • 111

      #3
      Ist eine Söldnerarmee überhaupt vom Grundgesetz gedeckt? Ich denke nicht. Gleichwohl glaube ich daß es kein Schnellschuß von Boris Pistorius war, sondern vielmehr lange geplant. Der Minister stellt sich doch nicht hin und sagt den Nachrichten was nicht vorher im Ministerium und mit der NATO abgestimmt wurde. Die "Zeitenwende" wird uns noch einige Überraschungen bringen, vermute ich mal. Je größer die Bedrohung durch Rußland im Baltikum ("Der Russe steht vor der Tür"), desto mehr solche Vorschläge werden auf uns zu kommen. Ob man dadurch die vorhandenen Soldaten glücklich macht, bezweifle ich. Wie zu hören ist, wollen die wenigsten freiwillig nach Litauen.

      Kommentar

      • tannenzapfen
        Cold Warrior
        • 25.01.2022
        • 427

        #4
        Die Idee geistert schon seit einiger Zeit durch Berlin, hat aber nichts mit irgendeiner geheimen Verschwörung zum Dritten Weltkrieg zu tun (das wäre in Anbetracht des derzeitigen Zustandes der Bundeswehr so ziemlich die armseligste Verschwörung aller Zeiten), sondern damit, dass man nicht weiß, wie man die eigenen Personalziele erreichen soll. 203.000 Mann ist schon länger das Ziel, tatsächlich dümpelt man seit Jahren (siehe das Excel hier: https://augengeradeaus.net/2024/01/p...ruppengroesse/) zwischen 180.000 und 185.000 Mann herum. Die Hoffnung bei Pistorius' Idee ist, die Lücke zumindest teilweise mit Ausländern zu füllen, wobei ich davon ausgehe (so war das zumindest bei ähnlichen früheren Diskussionen), dass es um EU-Ausländer geht, und nicht um eine "Fremdenlegion", sondern einfach um die Öffnung der Bundeswehr als Arbeitgeber für diese. Dies ist bisher u.a. auch in Belgien, Dänemark und Irland möglich- und in Deutschland auch bereits im Polizeidienst.

        Im Grundgesetz sehe ich da keinerlei Problem, dieses hält in Artikel 87a lapidar fest: "Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben. [...] Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt." Eine Beschränkung auf deutsche Staatsbürger legt es da nicht fest, diese gibt es nur bei der Wehrpflicht, aber wir reden hier ja über Freiwillige.

        Aber- und das ist mein eigentliches Problem mit dieser ganzen Idee: Das ist einfach viel Trara um nichts. Bayern hat derzeit zum Beispiel 44.000 Landespolizisten, von denen 2019 etwa 80 keinen deutschen Pass hatten (https://www.sueddeutsche.de/bayern/i...pass-1.4492338). Hochgerechnet auf die Bundeswehr kommt man da dann also auf etwa 350 ausländische Rekruten. Bei einem Fehl von 18-23.000 Mann geht das im monatlichen Rauschen der Mannstärke glatt unter.

        Kommentar

        • Malefiz
          Cold Warrior
          • 22.12.2010
          • 368

          #5
          Die US-Armee nimmt jedes Jahr etwa 8000 Angehörige ohne US-Staatsbürgerschaft auf. Der Dienst kann ein Weg sein die Staatsangehörigkeit zu erwerben(https://www.deutschlandfunkkultur.de...r-die-100.html). Auf deutsche Verhältnisse umgerechnet wären das auch etwa einige Hundert bis 1000 Mann. Wie Tannenzapfen schreibt. Wenn das Rumänen oder Bulgaren wären, gäbe es aber da Probleme.

          Kommentar

          • Rex Danny
            Administrator
            • 12.06.2008
            • 4290

            #6
            Ich will hier gar nicht groß meinen Senf beitragen, daher nur dieser Link (https://www.t-online.de/nachrichten/...s-modells.html).

            Merkwürdigerweise verstehen in den Ländern um uns herum offenbar die jungen Leute, daß es ohne Militär auch in der heutigen Zeit nicht geht. Nur die deutsche Jugend besteht offenbar nur noch aus Pazifisten, Models, Influenzern und klimaschädlichen Berufsdemonstranten.

            Grüße


            Rex Danny

            Kommentar

            • Nemere
              Cold Warrior
              • 12.06.2008
              • 2802

              #7
              Ganz wichtig finde ich in dem von Rex Danny zitierten Artikel folgende Sätze:
              "Die meisten sehen die Notwendigkeit, dass wir eine Armee brauchen, die das Land im Kriegsfall schützen kann. Viele Wehrpflichtige bleiben zudem nach der Grundausbildung in den Streitkräften, weil die Armee ein attraktiver Arbeitgeber geworden ist."
              Zu Zeiten des W 15 und auch des W 12 konnten aus den Reihen der Wehrpflichtigen viele Zeitsoldaten gewonnen werden. Die Wehrpflicht hatte den Vorteil, das sie bei der Entscheidung für eine längere Verpflichtung eine Art "Praktikum" war. Der Wehrpflichtige konnte sich die "Firma" anschauen und der Vorgesetzte konnte sich seinen zukünftigen "Mitarbeiter" anschauen. Voraussetzung für die Gewinnung von Zeitsoldaten aus dem Pool der Wehrpflichtigen war natürlich immer, dass die Einheit, in welcher der Wehrpflichtige diente, vernünftig geführt wurde - Stichwort Menschenführung. Es gab natürlich immer Kompanien, wo das nicht funktionierte. Kluge Kommandeure bezogen aber solche, auf das Verhalten des Führungspersonal dieser Kompanien zurückzuführende, Mißerfolge bei der Gewinnung von Längerdienenden durchaus auch in ihre Personalbeurteilungen dieser Offiziere / Unteroffiziere ein.

              Kommentar

              • Stefan Steu
                Cold Warrior
                • 03.05.2023
                • 111

                #8
                Wenn ich da an meine 10 Monate Wehrdienst denke, Stichwort Menschenführung und das Land verteidigen, es war im Juli oder August 1998 in der Artillerieschule Idar-Oberstein, nach Dienstschluß so gegen 17 oder 18 Uhr, irgendjemand von uns hat ein Handtuch oder Badehose aus dem Fenster zum trocknen in die Sonne gehängt, alles ist ruhig und plötzlich geht die Tür auf und irgendein Soldat, den wir nicht kennen, kommt ohne anklopfen einfach rein in die Stube und schreit, jetzt ist Fahnenappell, wir sollen sofort die Badehose da wegtun. Wir dachten schon, das gibt bestimmt Ärger am nächsten Tag, aber es gab kein Ärger. Immerhin. Trotzdem war das nicht gerade eine Werbung für die Bundeswehr, wenn man so eine Art Fahnenfetisch hat, daß man als Kommandant oder was auch immer nur dann die Fahne runterholt, wenn alles in der Kaserne tiptop ist und nix aus dem Fenster hängt was einen vielleicht stört. Außerdem hat uns das niemand gesagt, daß wir nichts aus dem Fenster hängen dürfen. Ich als Kommandant wär da liberal und hätte da kein Problem damit und würde die Deutschland-Fahne einfach trotzdem runterziehen, auch wenn da irgendeine Badehose in meiner Kaserne aus dem Fenster hängt. Wofür soll ich das Land verteidigen? Für die Regierung die Gesetze macht die mir nicht gefallen? Das wäre der einzige Grund für mich nicht zur Bundeswehr zu gehen, auch wenn ich sonst eigentlich durchaus zufrieden war.
                Zuletzt geändert von Stefan Steu; 24.01.2024, 20:34.

                Kommentar

                • Floger
                  Warrior
                  • 21.08.2021
                  • 73

                  #9
                  Zitat von Stefan Steu Beitrag anzeigen
                  Ist eine Söldnerarmee überhaupt vom Grundgesetz gedeckt?
                  Von Söldnern ist ja nicht die Rede...

                  Kommentar

                  • Ursus Maior
                    Rekrut
                    • 12.09.2021
                    • 15

                    #10
                    Zitat von Floger Beitrag anzeigen
                    Von Söldnern ist ja nicht die Rede...
                    Richtig. Da sollten alle mal die Kirche im Dorf lassen, insbesondere diejenigen, die sofort jede noch so fadenscheinige Hyperbel auspacken müssen. Es gibt für alle Varianten dieses Themas bereits Beispiele, wenn auch nicht unbedingt Vorbilder, aus Partnernationen. Allerdings haben alle Varianten auch eigene Hürden. Grundsätzlich redet niemand von einem eigenen Truppenkörper aus Nicht-Deutschen ("Fremdenlegion") sondern es geht immer darum Soldat:innen für "die Truppe" zu gewinnen..

                    Variante 1: Wir lassen nur EU-Bürger:innen zum Dienst in den Streitkräften zu. Das ist angenehm einfach, denn man kann in Deutschland werben und davon ausgehen, dass - im Vergleich zu anderen Herkunftsländern - die geringsten Integrationsleistungen zu erbringen sind: Werte, Deutschkenntnisse, Ausbildungsstandards etc. sind innerhalb der EU bzw. bei EU-Ausländer:innen am nächsten an Deutschen dran. Nachteil: Man kriegt Ärger mit den EU-Partnern, wenn man denen an Militärdiensten interessierte Personen wegnimmt. Deutschland zahlt verdammt gut für eine Armee, auch und insbesondere im Vergleich mit EU-Partnern. Die Niederländer und Skandinavier wird man nicht kriegen, dort ist das Lohnniveau zu hoch und die Personen unterliegen ggf. in der Heimat der Wehrüberwachung.

                    Variante 2: Wir werben (auch) Nicht-EU-Ausländer:innen an, die in Deutschland wohnen. Wir haben eine Menge Personen mit türkischerr, diversen arabischen, afghanischen, afrikanischen oder asiatischen Staatsbürgerschaften. Die sind teils schon in der zweiten bis vierten Generation hier und die Integrationsaufgaben würden dementsprechend sehr unterschiedlich auffallen. Zugleich haben diese Gruppierungen auch enormes Potential: Sprachkenntnisse aus Ländern oder Regionen, in denen Auslandsmissionen laufen oder wahrscheinlich sind. Andererseits ist das auch ein Sicherheitsproblem. Gruppen, die man kaum kennt und in deren Reihen teils kaum mit der FDGO vereinzubarende Ansichten herrschen, sind leichte Zugänge für ausländische Geheimdienste oder radikale Gruppen (aus Inland wie Ausland). Zugleich sind diese nicht-deutschen Gruppen sehr heterogen gebildet und einige von ihnen sind im Schnitt deutlich schlechter ausgebildet als EU-Bürgerinnen, die in Deutschland wohnen.

                    Variante 3: Wir rekrutieren aktiv im Ausland EU wie darüber hinaus "Fachkräfte" für die Bundeswehr. Hier ist das größte Potential für alle Fachkräfte und zugleich die größte Masse an Personen. Zugleich sind die Hürden für die Integration die höchsten und man hat die krassessten Chancen es sich mit Regierungen zu versauen, bis hin zu echten diplomatischen Krisen. Die Chance auf schwarze Schafe ist auch am höchsten, so dass die Mühen für den MAD an größten wären.

                    All diese Varianten beleuchten aber zentrale Probleme nicht. Im Kern steht doch die Frage, was unsere Zielgruppe ist. Aus dem BMVg hört man nämlich, dass die Kampftruppen verhältnismäßig gut aufgestellt und erfolgreich sind bei der Anwerbung. Heerscharen kaum gebildeter nicht-deutscher Infanterie sind also gar nicht unser Ziel. Wo die Bundeswehr absoluten Mange hat, sind genau dieselben Facharbeiter:innen und Akademiker:innen wie in allen ÖD-Bereichen; Informatik, Ingenieurswissenschaften - generell MINT - Jura und Projektmanagement bzw. generell Führung und Management, in Uniform wie als Angestellte und Beamt:innen. Solche Leute kriegt man aber nur durch gezieltes Anwerben aus Ländern mit vielen Fachkräften. Da alle in Europa dasselbe Problem haben, wäre auch hier die Bundeswehr in Konkurrenz zu allen in Europa. Man müsste also nach Lateinamerika (Chile, Brasilien, Argentinien, Kolumbien) schauen sowie Indien und Vietnam (Steinmeier war ja gerade dort). Das sind dann nun nicht gerade durchweg Ländern, deren Staatsbürger:innen man hier auf Fach- und Funktionsposten setzen möchte, ohne die Barrieren beim MAD entsprechend hochzusetzen. Es wäre das Eine pro Division ein Sicherungsbataillon Sipahi und Gurkha aufzustellen, aber es ist was Anderes zentrale IT-Projekte, Beschaffungen und die Wartung sensibler Ausrüstung von vietnamesischen, indischen und brasilianischen Hauptfeldwebeln, Stabshauptleuten und Majoren durchführen zu lassen.

                    Und ich denke, wir werden daher noch eine Weile warten, bis es dazu einen Referentenentwurf im BMVg geben wird.

                    Kommentar

                    • allrad
                      Cold Warrior
                      • 10.02.2014
                      • 154

                      #11
                      Ein richtiger und wichtiger Beitrag, der das Schlagwort "Deutsche Fremdenlegion" ad Absurdum führt. Ich möchte noch ergänzen, dass es in der Diskussion nach meinem Wissensstand nur um bereits langjährig im Lande lebende Menschen geht, von einer Anwerbung im Ausland war in allen mir bekannten Berichten nie die Rede.

                      Kommentar

                      Lädt...
                      X