Ich habe in den Akten der 1. Luftlandedivision noch eine Karte zur Leistungsfähigkeit des Eisenbahnnetzes im Wehrbereich VI - Bayern - gefunden.
Quelle: BA-MA BH 8-9/640
Ich habe in den Akten der 1. Luftlandedivision noch eine Karte zur Leistungsfähigkeit des Eisenbahnnetzes im Wehrbereich VI - Bayern - gefunden.
Quelle: BA-MA BH 8-9/640
Ein erster schneller Blick in die Karte in meine Heimatregion zeigt eine kleine Abweichung vom damaligen Ist-Zustand. Laut Kartenkopf ist der Stand 1981, die Strecke Bamberg-Hof ist durchgehend als zweigleisig markiert. In Realität wurde aber der Abschnitt Marktschorgast – Stammbach schon um 1970 (genaues Datung gerade nicht zur Hand, wird nachgereicht) eingleisig zurückgebaut, damals noch mit dem Bahnhof Falls als Begegnungsmöglichkeit etwa in der Mitte des Abschnitts. Das dürfte sich detlich leistungsmindernd ausgewirkt haben, war doch mit den Streckengeschwindigkeiten und Traktionsmitteln der damaligen Zeit die Fahrzeit Marktschorgast – Falls und Falls – Stammbach für Güterzüge jeweils nicht unter 10 Minuten, wahrscheinlich mehr anzusetzen, denn die Strecke liegt fast durchgehend in der Steigung.
Ich möchte mich mit dem Aspekt der Streckenleistungsfähigkeit und Fahrplankonstruktion noch etwas ausführlicher befassen, dazu werde ich in der nächsten Zeit etwas verfassen. Jetzt fehlt mir die Zeit, weil ich auf dem Sprung zur Arbeit bin.
Die „Schiefe Ebene“, also die der Aufstieg aus dem Maintal von Kulmbach zur Münchberger Hochebene und nach Hof hatte sich schon beim Aufmarsch zum Krieg 1866 und nochmals 1870/71 als Problem bei der Abwicklung von militärischen Eisenbahntransporten herausgestellt. Die Schwächen der Bahnlinie Hof – Bamberg aus Sicht der militärischen Planer waren offenkundig geworden.
Da war zum einen der damalige Kopfbahnhof in Hof mit dem zeitraubenden Kehrtmachen der Züge und zum anderen das Nadelöhr der „Schiefen Ebene“. Wegen der langsamen Fahrgeschwindigkeit im Abschnitt Neuenmarkt-Wirsberg – Münchberg war die vom Generalstab geforderte halbstündige Zugfolge nicht einzuhalten und wurde für dicht aufeinanderfolgende Züge zum Hindernis. Das Problem des Hofer Bahnhofs wurde bereits 1880 mit Eröffnung des großräumig als Durchgangsbahnhof angelegten neuen Hauptbahnhofs gelöst, dass bei dessen Planung militärische Erwägungen eine gewichtige Rolle gespielt haben. ist durch mehrere Stellungnahmen und Gutachten des Bayerischen Generalstabs zu den Verlegungsabsichten nachgewiesen. Nicht zuletzt auf Grund der Forderungen des Militärs nach einer schnelleren Abwicklung des Eisenbahnaufmarsches, wurde der neue Hauptbahnhof als leistungsfähiger Durchgangsbahnhof mit großzügigen Betriebswerken geplant, der unter Einbeziehung des Rangierbahnhofes Oberkotzau über ausreichende Abstellgleise und Platz für die Zugbildung verfügte.
Die „Schiefe Ebene“ wurde zunächst in weiten Bereichen zweispurig ausgebaut, mit stärkeren Lokomotiven und verbesserten Zugbremsanlagen erreichte man schließlich bei Versuchsfahrten im Januar 1891 eine Zugfolge von deutlich unter 30 Minuten und hatte somit auch in diesem Bereich die Vorgabe der Mobilmachungsplanung erreicht.
Quellen / Literatur:
BayHStA –Abt. IV - GenStab 369 – Bahnhofsverlegung Hof 1877.
Dietel, Gernot / Fraas, Roland: Eisenbahn in Münchberg 1848 - 1998 (Beiträge zur Münchberger Stadtgeschichte, Bd 1), Münchberg 1998, S. 150 – 153.
Lüdecke, Steffen: Die Schiefe Ebene. Die legendäre Steilrampe in Oberfranken. Freiburg 2016.
Wurdack, Jörg: Chronik der Stadt Hof, Band X: Militärgeschichte der Stadt Hof , Hof 2005, S. 176 f.
Die eigentliche Steilrampe der Schiefen Ebene zwischen Neuenmarkt-Wirsberg und Marktschorgast war von Anfang an zweigleisig, allerdings waren die anschließenden Strecken nur eingleisig gebaut, wobei die Steigung von Marktschorgast bis zum Brechpunkt bei Schödlas auch nicht zu unterschätzen war, ebenso wie in der Gegenrichtung von Münchberg dorthin. Eine der weiteren Maßnahmen zur Leistungssteigerung war dort auch die Einrichtung von Zwischenblockstellen bei der Streitmühle, Schödlas und Poppenreuth (letztere nur kurzzeitig in Betrieb in Fahrtrichtung von Münchberg nach Stammbach), die es erlaubten, bereits nach Passieren der Blockstelle den nächsten Zug hinterher zu schicken. Bis auf erstgenannte, die heute vollautomatisch arbeitet, wuren diese wieder aufgelassen.
Man muss sich nur vergegenwärtigen, dass die stärkste langjährig dort eingesetzte Diesellok der Bundesbahn (Baureihe 218) auf der Schiefen Ebene bergwärts eine Grenzlast von 520 Tonnen hat (das sind gerade einmal sechseinhalb auf 80 Tonnen beladene vierachsige Wagen) und mit dieser Last mit weniger als 30 km/h zu Berge kroch, kann man sich vorstellen welch ein Hindernis diese Strecke darstellte. Die weithin bekannte Dampflok der Baureihe 50 konnte gerade mal 350 t den Berg hoch schleppen, die stärkste in Serie verfügbare Güterzugdampflok (44) war etwa gleichauf mit der 218. Im 19. Jahrhundert war die Leistungsfähigkeit der Lokomotiven wesentlich geringer, da krochen die Güterzüge mit zwei bis drei Lokomotiven der Bayerischen Gattung CIII oder CIV bespannt mit 10 bis 15 km/h hoch, benötigten also für die 7,5 km von Neuenmarkt bis Marktschorgast mehr als eine halbe Stunde. Die etwa in der Hälfte der Strecke liegende Blockstelle Streitmühle erlaubte dann, schon nach ungefähr der Hälfte der Zeit den nächsten Zug hinterher fahren zu lassen.
Nicht umsonst waren in den 1930er Jahren bis etwa 1944 einige der monströsen Tenderloks der bayerischen Baureihe Gt 2×4/4 (später BR 96) als Schiebelok in Neuenmarkt-Wirsberg stationiert. Bei einem Aufmarsch der Wehrmacht im Osten (Polen oder bis 1938 auch Tschechoslowakei) mussten z.B. die in Bamberg und Erlangen stationierten Panzerregimenter je nach Aufmarschentscheidung per Bahn über die Schiefe Ebene verlegt werden.
Aber jetzt kommen wir endgültig in die sehr interessanten Zusammenhänge und Abgründe zwischen technischer Leistungsfähigkeit der Eisenbahn, Streckenführung und militärischer Aufmarschplanung.
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